Fotos: Christine Wawra

Black Dance

Hiphop & Stomp

Herkunft der Technik
Hiphop ist die jüngste der großen Entwicklungen im Black Dance — ein Überbegriff für die Tanzformen der afrikanischen Diaspora, ein Ergebnis der transatlantischen Verschleppung und Versklavung der Afrikaner vom 16.–19. Jahrhundert. Hiphop trat in den 1970ern, etwa Hundert Jahre nach Ende der Sklaverei, in den USA auf, und war zunächst Unterhaltung auf den Block-Parties der Strassen der South Bronx. Innerhalb von 20 Jahren, dank des Aufkommens von Musikvideos, entwickelte sich Hiphop zu einem weltweiten Phänomen mit künstlerischem Anspruch und kommerzieller Wirkung. Hiphop verbindet Musik, Dichtung, Tanz und visuellem Design zu Kollagen, die verschiedene Stile der afrikanische Diaspora umfassen. Die afrikanische Call-and-Response und schleifende, schlurfende Fußbewegungen, nordamerikanische Rhythm-and-Blues und Disko, sowie die lateinamerikanische Salsa, Reggae und Capoiera sind alle in Hiphop zuhause.

Die afrikanischen Diaspora hatte einen gewaltsamen Anfang, denn sie war das Ergebnis der transatlantischen Verschleppung und Versklavung der Afrikaner vom 16.–19. Jahrhundert. Auf der Reise wurden die Verschleppten — 26% waren Kinder — vom Sklavenhändler zum Tanzen gezwungen. Dieser Zwang sorgte in erster Linie dafür, dass die “Ware” — die mehr als 10 Millionen verschleppten Menschen — auf der zwei-monatigen Reise körperlich fit blieb, um beim anschliessenden Verkauf höhere Preise erzielen zu können. In zweiter Linie sorgte das “dancing the slaves” für die Unterhaltung des Schiffspersonals. Wer die Überfahrt überlebt hat — etwa 87% der Schiffspassagiere — kam mit dem nackten Körper in einer fremden und meist feindseligen Umgebung an und wurde Sklave.

Auf ihrer gezwungene Reise war ihr Körper das Einzige, was sie mitnehmen konnten. Für ihr Alltag als Sklave hatten sie neue, europäische Namen erhalten, wurden in einer für sie fremde Sprache angesprochen und mussten europäische Kleidung tragen. Sie hatten keine persönliche Rechte, durften weder lesen noch schreiben lernen und Ihre Religion durften sie auch nicht ausüben — sie sollten die christliche Religion der Sklavenhalter annehmen. Um sich in dieser absolut fremden Umgebung zurechtzufinden, haben also zwölf Generationen versklavte Menschen das, was sie von der Heimat noch wussten, körperlich praktiziert.

Ihr Tanz fand aber auch unter den Sklavenhaltern anklang. Auch als Sklave mussten die Verschleppten zur Unterhaltung der Europäern tanzen. Die Sklavenhalter veranstalteten sogar Tanzwettbewerbe; wenn die eigenen Sklaven diese regionalen Wettbewerbe gewonnen hatten, gewann der Sklavenhalter an Ansehen. Sklaven konnte sogar in der Hierarchie der Sklaven aufsteigen, wenn sie über besondere tänzerische Fähigkeiten verfügten. Ein Aufstieg bedeutete mehr Nähe zu den Sklavenhaltern: der Sklave musste nicht auf dem Feld schuften, sondern durfte im “grossen Haus” dienen. Durch diese Nähe vermengte sich der Tanz der Sklaven über die Jahrhunderte und Generationen mit den europäischen Tanztraditionen. Es entstanden viele Tanzformen, die heute noch vertraut sind, u.a. Square Dance und Stepptanz. Zu ihre Identität mischten sich Praktiken des Feindes.

Somit entstand eine grundsätzliches Dilemma: das Tanzen war einer der wenigen Körperpraktiken, die die Verschleppten von ihrer Heimat “mitnehmen” konnten. Das Tanzen ermöglichte es ihnen, ein Stück ihrer Identität in der fremden, feindseligen Umgebung auszuleben. Das Tanzen war ein Stück Heimat. Gleichzeitig aber war das Tanzen ein Zwang. Sie mussten zur Unterhaltung der Europäern tanzen. Sie konnten sogar ein Besserung ihrer Lebenssituation mit dem Tanzen erzielen. Aber mit einer Besserung der Lebenssituation (vom Feld ins Haus) ging auch ein Stück Identität verloren (der eigene Tanz vermengte sich mit dem europäischen). Der Verlust des Selbst ging einher mit dem Eindringen des Feindes im eigenen Leib.

Dieses Dilemma sorgt bis heute dafür, dass der Black Dance sich mit dem Verlust, dem Schmerz, dem Exil, mit der Allgegenwart des Todes beschäftigt. Seit Abschaffung der Sklaverei haben die sechs in Freiheit geborenen Generationen am Black Dance weitergearbeitet. Heute stehen ein Reichtum und Vielfalt an Tanzformen für die Erfahrungen der afrikanischen Diaspora. Von Jazztanz und Musical über Hollywood und Videotanz bis Hiphop und Stomp trauert Black Dance die Erfahrungen der Verschleppung und Versklavung, sowie der gelebte Rassismus in der Freiheit — zelebriert aber zugleich die Sinnlichkeit und Kraft des Körpers, der Ort der gelebten Identität. Ein fantastischer Ort für die Auseinandersetzung mit Gewalt, Trauer und Hoffnung.

Unterrichtskonzept
Das Ganzkörpertraining fördert grundlegend die Entwicklung von Kraft, Koordination und Dehnfähigkeit; eine physiologische Grundstellung des Körpers wird vorausgesetzt. Grundlegende Trainingsformen des Black Dances wie Isolations, Flatbacks, Laterals, Contractions, Releases, Layouts, Walks und Bodenübungen werden von Grund auf vermittelt und in einem feststehenden Warm-up geübt. Anschliessend werden längere, komplexere Kombinationen erarbeitet, die verschiedene Techniken und Stile umfassen — von Wehrhafte und Aufmüpfige über Sinnliche bis Verspielte. Elemente des Street Dance wie tetris, slides, locking, popping, crumping und freezes finden genauso Anwendung wie die des Stepptanzes wie shuffle, flap oder ball-change. Im Lauf des Semesters werden sie tänzerisch poliert. Die technische Grundlage bildet eine Mischung aus Giordano-, Horton– und Rhythm-Tap-Techniken.

Zum Beginn jedes Kurses tanzen wir barfuß. Bitte bequeme Kleidung, Knieschoner und Dance-Sneakers mitbringen.

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